Die Waldmössinger Narren

 

In der Waldmössinger Fasnet erscheinen drei unterschiedliche Narrenfiguren. Der Narrenruf für alle drei Figuren ist:
Ruf: „Hoorig isch dia Katz am Bauch.“
Antwort: „Ond net nao am Schwanz.“

 

Der Hansel

Die Renommiergestalt und dominierende Narrenfigur in der Waldmössinger Fasnet ist der Hansel. Er gehört zur großen Familie der Weißnarren. Anfang der 1920er-Jahre kam der Hansel erstmals nach Waldmössingen und wurde 1963 völlig neu gestaltet. Das dreiteilige, weiße Leinenkleid schmückt ein streng festgelegtes Figurenprogramm.

Ein reich bemalter Kittel bildet das Oberteil. Auf seiner Vorderseite ist eine Waldmössinger Begebenheit aufgemalt, die im Narrenmarsch besungen wird. Der Buhl, ein Tüftler und Künstler, hatte eine Orgel gebaut, die er stimmen wollte. Um „den Ton zu holen“ wanderte er nach Sulgen, den Ton will er von der dortigen Orgel abnehmen. Auf dem Heimweg summte er den Grundton vor sich hin, bis ihm ein krähender Hahn am Ortseingang von Waldmössingen den Ton entriss. Den Kittelrücken ziert das einstige Römerkastell. Die Ärmel sind mit Hagebutten- und Schlehenzweigen verziert, römischer Wachturm, Kriegswaffen und Legionszeichen vervollständigen das Bildprogramm des Oberteils.

Ein altes Waldmössinger Narrengeschlecht, die Eheleute Matthäus und Maria Erath, zieren die Vorderfront der Hosenbeine. Sie sind Eltern des Waldmössinger Heimatdichters Vinzenz Erath, welcher in einem seiner Bücher den Vater als leidenschaftlichen Maskenschnitzer beschreibt. Auf den Rückseiten der Hosenbeine sind ein römischer Legionär mit Lanze und Schild und ein römischer Präfekt mit Rutenbündel aufgemalt.

Das Larvenhäuble schmücken Silberdisteln, die Heimbachquelle und der Sauwadel. Zudem prangt dort der Fuchsschwanz, das Sinnbild der Schläue. Typisch für den Hansel ist die holzgeschnitzte Glattlarve, die mit einem Rosshaarkranz umgeben ist.

Wie der klassische Weißnarr trägt der Hansel vier über Brust und Rücken gekreuzte Rollenriemen, das Gschell. Als Narrenattribute führt der Hansel Auswerfkorb und Brezelstange mit sich. Weiße Handschuhe, welche die Feinheit und das Edle des Narren versinnbildlichen, und schwarze Halbschuhe ergänzen das zwingend vorgegebene Erscheinungsbild. Der Hansel bewegt sich bei Auftritten in einer vorgeschriebenen Schrittfolge; es ist ihm nicht erlaubt, nach dem Betzeitläuten aktiv zu sein.

 
Der Schantle

Der Waldmössinger Schantle trat an der Fasnet 1965 erstmals ins närrische Rampenlicht.

Das dreiteilige Kleidlebesteht aus kariertem Metzgerleinen. Die holzgeschnitzte Bartlarve, eine Portraitlarve, zeigt die Gesichtszüge von Carl Kimmich, dem ersten Präsidenten der Narrenzunft Waldmössingen.Über der befransten Larvenhaube sitzt ein grünes Hütchen mit steifem Rand und farbigen Bändern, den Kittelrücken schmückt das Waldmössinger Ortswappen und als schmückende Accessoires hängen vor der Brust große, farbige Foulards. Zur Ausstattung vom Schantle gehört neben dem Auswerfkorb auch ein Stockschirm, der mit Rüschen, Spitzen oder Fransen besetzt ist. Schwarze Halbschuhe und weiße Handschuhe runden das einheitliche Bild ab.

Wichtiges Utensil des Schantles ist das Narrenbuch, in dem die komischen Ereignisse übers Jahr notiert und mit entsprechenden Karikaturen illustriert werden. Aus diesem Buch liest der Schantle den Aoschick den betroffenen oder anderen Personen vor.

Der Schantle kommt mit hinkenden Schritten daher und ist inzwischen für viele ältere und junge Narren zum besten Freund geworden.

 
Das Jockele

Seit 1989 bereichert ein uriger Geselle die Waldmössinger Fasnet, das Jockele. Es erscheint in zwei Versionen. Durch verschiedenfarbige Strümpfe und anderes Halstuch, grenzt sich das rote Hagebutten-Jockele vom blauen Schlehen-Jockele ab.

Zur braunen Kniebundhose trägt das Jockele einen grünen Blätzleskittel. An ihm hängen die in Farbe und Form unterschiedlichen Glöckchen und symbolisieren Hagebutten und Schlehen. Der pfiffig-verschmitzte Gesichtsausdruck der Holzlarve spricht für sich und wird durch einen grauen Filzhut unterstrichen. Die Silberdistel und der Heckenzweig am Hut verweisen auf die Herkunft vom Jockele, dem Heckengäu. Als Beiwerk trägt das Jockele eine Strohtasche und als Neckinstrument einen Stecken, an dem Glöckchen, Blattwerk und der Fuchsschwanz hängen. Schwarze Halbschuhe und schwarze Handschuhe gehören zur unbedingten Ausstattung.

Im Gegenteil zum streng reglementierten Hansel besitzt das Jockele einen gewissen Freiraum in der goarneten Fasnet. Wo immer sich der Spaßmacher zeigt, sorgt er für Heiterkeit.

 
(Text: Ulrich Jaud)