Die Narrenzunft Waldmössingen 1935 e. V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Schramberg-Waldmössingen, der sich der Pflege der fastnachtlichen Kultur und Brauchtum in Waldmössingen verpflichtet hat.
Quelle Wikipedia :
Narrenzunft Waldmössingen 1935 e. V.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Fastnachtliches Treiben in Waldmössingen vor Gründung der Narrenzunft
Waldmössingen, das im Jahr 994 Eingang in die schriftliche Überlieferung fand, zählt zu den ältesten Besiedlungen des Landkreises Rottweil. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Herrschaften über das Dorf. 1806 kam der Ort zum Königreich Württemberg. Wie in den Narrenstädten Oberndorf, Rottweil und Schramberg entwickelten sich in den Gemeinden im Umland unterschiedliche Fasnetsbräuche. So auch im, dem Oberamt Oberndorf zugehörigen Dorf Waldmössingen. Der württembergischen protestantischen Obrigkeit war das Fasnetstreiben ihrer katholischen Untertanen ein Dorn im Auge, denn ihrem religiösen Empfinden nach galt Fasnet als Sünde. In einer Mitte des 19. Jahrhunderts verfassten Chronik für das Oberamt stellt der Verfasser fest, dass in einigen Orten „von sogenannten Schantle- und Hanselmasken …zwei Tage lang ein tolles Wesen getrieben“ werde, es aber erfreulich sei, „daß in der neueren Zeit die Faschingsbelustigungen in der Abnahme begriffen sind…“. Doch wie die Vergangenheit zeigt, ist genau das Gegenteil eingetreten.
Schon verhältnismäßig früh entwickelten sich in Waldmössingen rege Fasnetsaktivitäten. Ein besonderes Zeugnis der Lebensverhältnisse in Waldmössingen im 19. Jahrhundert gibt ein sehr korrekt geführtes Ausgabenbuch, das der Kaufmann Christian Haas angelegt, und sein Geschäftsnachfolger Lorenz Gruber fortgeführt hat. Es ist Zeugnis für viele Begebenheiten. So wird bekannt, dass bereits um 1848 in Waldmössingen ausgiebig Fasnet gefeiert wurde. Lorenz Gruber vermerkt, dass er bei der Fasnet im Rössle 1 Gulden und 12 Kreuzer verbraucht habe. Beim Generalwarengeschäft Gruber gab es Tüchles- und Drahtlarven zu kaufen und im Haushaltsbuch ist verzeichnet, dass es bereits 1865 in Waldmössingen Holzmasken gab.
Ein weiterer Nachweis von frühem Fasnetsbrauchtum in Waldmössingen geht aus den Lebensaufzeichnungen des Oberlehrers Cyprian Rohrer aus dem Jahr 1876 hervor. Dort wird bereits von Mummenschanz berichtet. Als Domino verkleidete Personen, „mit buntbemaltem Gewand mit Hosenbeinen und Zipfelmütze, ein Tuch vor dem Gesicht, in das Mund und Augen geschnitten waren oder Drahtlarven, oder als Spaßvogel bemalt“ zogen von Haus zu Haus.
Eindrucksvolle Zeugnisse der Lebensverhältnisse in Waldmössingen in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg sind die Eintragungen im Verkündungsbuch des Dorfbüttels. Zur Fasnet im Jahr 1920 ist folgendes vermerkt und mündlich bekannt gemacht worden: „Nach altem Brauch wurde die Fasnacht an den hierzu bestimmten Tagen Fasnachtmontag und Fasnachtdienstag in der Gemeinde jedjährlich voll und ganz gefeiert und mit Recht. In Folge der überaus traurigen Lage, in der sich unser Staat gegenwärtig befindet, wurde vom Ministerium die Fasnacht für heuer verboten. Dem zum trutz glauben verschiedene unverantwortliche Elemente schon jetzt, also vier Wochen vor Fasnacht, dem Verbot entgegenzutreten. Alle rechtdenkenden Personen, die wünschen daß im neuen Staat wieder Recht, Gesetz und Autorität hochkommen, werden dringend gebeten dafür einzutreten, daß dieser Unfug unterbleibt und wenn es doch sein muß, die Fasnacht an den obigen beiden Tagen wie früher gehalten wird.“
Auch in dem weitgehend autobiografisch angelegten Werk Größer als des Menschen Herz von Vinzenz Erath findet sich ein Indiz dafür, dass die Fasnet schon früh ein Bestandteil im Jahreslauf der bäuerlichen Gemeinde darstellte. Dort schildert der Autor die Schnitzerleidenschaft seines Vaters Matthäus Erath so: „…während andere Burschen bei ihren Mädchen saßen, schnitzte er oft bis tief in die Nacht hinein bei geschlossenen Fensterläden im Scheine einer Erdöllampe an seinen Fasnachtsmasken…“.
Die Masken und Vermummungen, die zur Fasnet getragen wurden, dürften anfangs noch eher zufällig gewesen sein. Mit der Zeit begann sich jedoch ein klareres Figurenrepertoire auszuprägen. Anfang des 20. Jahrhunderts gesellten sich zu den Dominos und schwarzen Kutten Narrenkleider mit Rollergeschell dazu. Bei diesen sogenannten Rollern handelte es sich um ausgemusterte Hanselkleider aus den benachbarten Fasnetshochburgen Rottenburg, Villingen und Oberndorf. Diese Hanselkleider wurden unter anderem auch aus Beständen eines Schramberger Friseurs beschafft. Im Laufe der Jahre konnten die Roller bei den Gastwirten im Kreuz und im Rosengarten ausgeliehen werden. Die Roller wurden stundenweise verliehen. Eine Stunde im Narrenhäs kostete 30 Pfennig.
Der Roller bestand aus einem mit Tier-, Natur- und Landschaftsmotiven bemalten Leinenkleid, bestehend aus Hose, Kittel und Larvenhaube. Der Narr trug eine mit einem Rosshaarkranz umgebene Glattlarve und wie der typische Weißnarr über den Schultern gekreuzte Rollenriemen. Die Larvenhaube schmückte ein grünes Hütchen.
So entwickelte sich die Fasnet in Waldmössingen im Wesentlichen zu einer Straßen- und Hausfasnet. Schon früh zogen die Roller von Haus zu Haus, wobei die Narren hier ganz bestimmte Narrenhäuser im Dorf ansteuerten. Zur Straßenfasnet gehörte auch das Auswerfen. Die Narren trieben regelmäßig eine Schar Kinder vor sich her und ließen diese Narrenreime singen. Zur Belohnung warfen die Narren aus großen Dosen getrocknete Äpfel und Birnen, Gutsle und gelegentlich auch Wecken, Brezeln und Würste aus.
Parallel zur Straßen- und Hausfasnet entwickelte sich auch eine rege Wirtshausfasnet. Diese spielte sich im Kreuz, im Rössle und im Rosengarten ab, aber auch in der Sonne, im Hasen und im Branntweinhaus Eble (Brenntaweiner) war buntes Fasnetstreiben angesagt.
Insbesondere das Gasthaus Kreuz bildete sich als Mittelpunkt der Fasnet heraus. Dies war in erster Linie dem Kreuzwirt Karl Kimmich zuzuschreiben. Er war ein aktiver Narr und immer auch Organisator verschiedener Veranstaltungen an der Fasnet.
Für Karl Kimmich wurde im Jahr 1933 ein für einen Metzger gestaltetes Hanselkleidle gefertigt, der heute noch im Familienbesitz befindliche Metzgerhansel. Bestandteil dieses Narrenkleidles war eine Glattlarve. Das Häs zeigt überwiegend metzgertypische Darstellungen, unter anderem das Lamm Gottes, das Zunftzeichen des Metzgerhandwerks.
Über die Jahre entstand eine urwüchsige dörfliche, ganz in und mit den Waldmössingern verwurzelte Fasnet, die am 16. Februar 1935 mit der Gründung der Narrenzunft Waldmössingen in geordnete Bahnen gelenkt wurde.
Die Narrenzunft Waldmössingen entsteht
„Am 15. Februar 1935 wurde durch die Ortsschelle bekannt gemacht, daß sich am 16. Februar abends 8 h alle Narren und Närrinnen im Gasthaus zum Kreuz versammeln zwecks Gründung einer Narrenzunft in der Gemeinde Waldmössingen. Am Samstag den 16. Februar fanden sich dann 40 Narren beim Kreuzwirt ein. Es wurden der Zweck und die Ziele der zu gründenden Narrenzunft bekannt gegeben. Es entschlossen sich 23 närrisch Veranlagte der Narrenzunft beizutreten. Ferner wurde der Beschluss gemacht an der Fasnacht eine Altweibermühle vorzuführen und sonst noch verschiedenes anderes zu machen. Schluss der Gründungsversammlung.“
Mit diesem Eintrag in das Protokollbuch war die Geburtsstunde der Narrenzunft Waldmössingen beurkundet. Eine hohe Zeit für die Narretei in Waldmössingen begann.
Auf den 22. Februar 1935 wurden alle Mitglieder der neuen Zunft zu einer Versammlung ins Gasthaus Kreuz eingeladen. Als Tagesordnungspunkte wurden die Gründung eines Elferrats und die Wahl des Präsidenten aufgerufen. Aus dieser Wahl ging Karl Kimmich, Kreuzwirt als 1. Präsident der Narrenzunft Waldmössingen hervor.
In dieser Zusammenkunft wurde auch das Motto für die Fasnet 1935 bekanntgegeben: „Fasching 1935. Sensation: Altweibermühle“.
Das Protokollbuch berichtet über die Fasnet 1935 wie folgt: „Fasnachtssonntag: Karl Weber fährt mit der Chaise nach Seedorf, Winzeln und Beffendorf. Mitfahrer Eduard Frey, Eusebius Haas, Josef Hirt und Lukas Weber. Das ganze Faschingsprogramm wurde ausgerufen. Im Rösslesaal war großer Faschingstrubel mit Maskenball und Tanz. Veranstalter die NS-Kapelle1. Der Elferrat nahm geschlossen daran teil und hat unter den Klängen der Kapelle den Saal betreten. Um 12 h war Schluss. Fasnachtsmontag: Mittags 12 h Beginn der Vorführung der Altweibermühle. Alles war in bester Stimmung. Im ganzen Dorf wurde herumgefahren und in allen Hotels und Wirtschaften wurde halt gemacht. Mitwirkende in der Altweibermühle waren 20 Personen, die sich zur allgemeinen Gaudi hergaben. Der Präsident der Narrenzunft Karl Kimmich sowie Rudolf Schneider und Benno Gruber fuhren mit einer Chaise, welche von Josef Frommer geführt wurde, auch mit und haben Brezeln und Bonbons geworfen. Um 6 h war Schluss im Restaurant Eble. Nachher gings dann ins Kreuz zum Rattenball wo wieder richtiger Hochbetrieb war. An alle Kinder wurden Wecken und Würste verteilt die als nie vergeßende Gabe mit großer Freude aufgenommen wurde. Faschingsdienstag: Ein Tag der sichtlichen Ruhe u. des Erholens von Gestern her. Abends war in den Wirtschaften nochmals Betrieb und manche tobten noch aus bevors dem Ende zu ging. Um 12 h war Schluss. Aschermittwoch. Memento mori 2.“
In den folgenden Jahren richtete die Narrenzunft Waldmössingen die Fasnet aus und lenkte das bisher „wilde Narren“ in geregelte Bahnen. Jedes Jahr wurde ein Motto für die Fasnet festgelegt. Die Elferratssitzungen fanden in den verschiedenen Lokalen im Dorf statt, die Fasnetsbälle wurden abwechselnd im Kreuz und im Rössle abgehalten. Bereits für die Fasnet 1936 wurde eine Redaktion für eine Narrenzeitung gebildet. Im selben Jahr wollte man sich mit Elferrat und 8 Narren am Narrentreffen in Oberndorf beteiligen. So wurde beschlossen, mit dem Autobus nach Oberndorf zu fahren. Dieses Vorhaben und die Anmeldemodalitäten ließ die Narrenzunft durch den Dorfbüttel ausschellen. Es hatten sich 32 Teilnehmer angemeldet, zur Abfahrt erschienen jedoch 50 Personen. So fuhr man am 2. Februar 1936 in einem überfüllten Autobus nach Oberndorf. Weil die Zunft aber nicht den schwäbisch-alemannischen Narrenzünften angeschlossen war, durfte sie sich nicht am Festzug beteiligen.
Die Fasnet 1936 stand unter dem Motto „Kirch aus, Narren raus“. Bereits nach der Messe am Fasnetssonntag begann das Narrentreiben. Am Nachmittag fand im Kreuz ein „großer Faschingstrubel“ statt. Am Fasnetsmontag war Hanselsprung und die Roller stürmten um 8 Uhr die Schule. Sie bekamen die Schüler nach „längeren Händeln“ frei und nahmen die Kinder mit zur Haus- und Straßenfasnet. Im Protokollbuch ist vermerkt, dass an diesem Tag bereits 300 Brezeln, 30 Pfund Orangen und 12 Pfund Bonbons ausgeworfen wurden.
Am Fasnetsdienstag war Umzug. Vom Kreuz aus zogen Kinder, Rössle, Ziegenbock und Bär, die Musikkapelle, 3 Paar Mäschgerle, der Elferrat, der Panzerwagen und 8 Hansel durch das Dorf. An allen Wirtschaften wurde Halt gemacht. Der Abschluss war im Kreuz, dort erhielten die Kinder Wurst und Wecken. Bei diesem Umzug trat der Elferrat erstmals im neuen Ornat auf. Die Räte trugen nun rote Samtfräcke mit grünem Kragen, weiße Hemden mit roter Schleife und rote Kappen.
Am 11. November 1936 besuchte eine Abordnung der Narrenzunft Waldmössingen die Generalversammlung der Narrenzunft Schramberg bei der „…dieselbe herzlichst empfangen und begrüßt wurde. Es herrschte bald innigste Freundschaft…“. Kurz danach beschloss der Elferrat am 24. Januar 1937, also 14 Tage vor der Fasnacht ein Bockbierfest im Kreuz abzuhalten, hierbei soll die Fasnet eröffnet werden. Das Bockbierfest solle etwas noch nie Dagewesenes geben. Zudem wurde festgelegt, dass ein Briefkasten am Wirtschaftseingang vom Kreuz aufgehängt wird, in den der Dorfklatsch für das Narrenblättle eingeworfen werden kann.
Für das erste Bockbierfest wurde stark geworben, in den Tageszeitungen mit Anzeigen und in den umliegenden Ortschaften mit Plakaten. Die Elferräte selbst übernahmen die Plakatierung und fuhren zu diesem Zweck nach Beffendorf, Lindenhof, Oberndorf, Hochmössingen, Fluorn, Winzeln, Aichhalden, Sulgen, Schramberg, Heiligenbronn und Seedorf.
Das Protokoll berichtet über das erste Bockbierfest so: „Alles in Allem war es eine Veranstaltung wie Waldmössingen noch nicht viele gesehen hat. Schönstes Frühlingswetter und die Sonne sandte ihre Strahlen als wollte sie mitfesten. Die Leute kamen von überall her, von Sulz bis Lauterbach und von Freudenstadt bis hinauf nach Spaichingen, alles war vertreten. Um 3 h wurde mit einem schneidigen Marsch der Tanz eröffnet. Um 7 h war dann Einmarsch vom Elferrat unter den Klängen des Rottweiler Narrenmarsches. Nach einer kurzen Eröffnungsrede des Bockbierfestes wurde dann der Sarg, in welchem die Fasnacht vergraben war, geöffnet. Ein Hansel kam hervor und im Nu war der ganze Saal in größter Fasnachtsstimmung. Und weiter ging der Tanz, bis der Hanselsprung kam. Abwechslungsweise kamen dann noch verschiedene Sachen wie Hexen und Menascherie und so war der Abend bald vorüber und das Fest hat sein Motto „a Musi, a Gaudi, a Tanzl“ voll und ganz erfüllt.“
Das Motto für die Fasnet 1937 lautete: „Juhu, juhei, es lebe hoch die Narretei“. In diesem Jahr erschien das erste selbstverfasste Narrenblättle Aisere Waldmössinger Wahrheiten in einer Auflage von 250 Stück. Das Narrenblättle wurde am Fasnetssonntag nach der Kirche auf dem Rathausplatz und in den Häusern des Dorfs verkauft.
Am Sonntagnachmittag fand der Umzug statt, der sich beim Rössle auflöste. Anschließend war Zunftball im Rössle. Am Fasnetsmontag war nach der Schülerbefreiung Haus- und Straßenfasnet und am Fasnetsdienstag wurde die Fasnet mit Trauerrede und großem Trauerzug begraben.
In der Elferratssitzung am 11. November 1937 gab es eine große Umwälzung in der Narrenzunft. Der seit der Gründung amtierende Präsident Karl Kimmich legte sein Amt nieder. Noch in der Sitzung wurde der Elferrat Hugo Keller zum kommissarischen Präsidenten der Narrenzunft ernannt. In einer öffentlichen Vollversammlung am 15. Januar 1938 ist Hugo Keller von den Mitgliedern als Präsident anerkannt worden.
Die Fasnet 1938 wurde also unter neuer Führung, aber im bereits gewohnten Ablauf gefeiert. 14 Tage vor der Fasnet fand das Bockbierfest im Rössle, statt.
Am Fasnetssonntag wurde das Narrenblättle verkauft, nachmittags war Umzug und Zunftball im Kreuz. Der Montag gehörte wieder ganz der Haus- und Straßenfasnet und am Dienstagabend wurde die Fasnet begraben.
Bereits beim Fasnetsumzug hatte der Elferrat mit einem Festwagen das nicht vorhandene „Zunftstüble“ thematisiert. In einer Versammlung nach der Fasnet wurde dann beschlossen, das Gasthaus Kreuz zum Zunftlokal zu machen, wo auch Schränke zur Unterbringung von Zunftutensilien aufgestellt werden sollen.
Bei der Vorbereitung auf die Fasnet 1939 tauchten erstmals personelle Probleme auf. Die politische Lage zollte ihren Tribut. Es war aber möglich den Elferrat zu komplettieren. Zu dieser Zeit zählte die Narrenzunft Waldmössingen bereits 86 Mitglieder. Ganz ambitioniert machte man sich daran, die Fasnet zu planen und zu organisieren. Das Bockbierfest sollte in diesem Jahr noch größer als sonst werden. Zum ersten Mal wurden befreundete Narren zu diesem Fest eingeladen. Die Narrenzunft Aichhalden sagte ihren Besuch zu. Das Bockbierfest stand unter dem Motto „Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt“ und wurde zum großen Erfolg.
Am 18. Februar 1939 machte die Narrenzunft Waldmössingen den Freunden aus Aichhalden bei deren Prunksitzung die Aufwartung – der Gegenbesuch vom Bockbierfest. Bei dieser Gelegenheit fand der erste auswärtige Hanselsprung der Waldmössinger Narren statt. Wegen eines Todesfalles wurde der Umzug 1939 vom Sonntag auf den Montag verlegt, der Maskenball im Rössle fand jedoch am Fasnetssonntag statt.
Am Fasnetsmontag war um 8 Uhr Hanselsprung und Schülerbefreiung, am Nachmittag wurde der Umzug durchgeführt und abends war in allen Lokalen Fasnetsbetrieb.
Der Fasnetsdienstag stand im Zeichen der ewigen Anbetung. An diesem Tag fanden und finden tagsüber traditionell keine Fasnetsveranstaltungen statt. Somit wurde die Fasnet 1939 abends im Kreuz im kleinen Kreis zu Grabe getragen. Das sollte dann auch der letzte Akt der noch jungen Narrenzunft Waldmössingen gewesen sein, denn im Protokollbuch war danach zu lesen:
„Ende August 1939! die Kriegstrommel wirbelt durch deutsche Lande. Am 1. Sept. 1939 überschreiten deutsche Truppen die polnische Grenze. Im Blitzkrieg von 18 Tagen ist Polen erledigt, der erste Sieg. Aus den Reihen der Narrenzunft mussten viele fort, dem Rufe des Vaterlandes folgen. Der Elferrat beschloss allen ausmarschierten Mitgliedern auf die Fasnacht 1940 ein Päckchen zu schicken mit Zigaretten, Dauerwurst u. Gebäck. Alle Veranstaltungen fallen weg, dem Ernst der Zeit entsprechend. Die Zunft bleibt bestehen, die Sachen u. Gegenstände der Zunft sind im Zunftkasten beim Ehrenpräsident C. Kimmich aufbewahrt. Jahresbeiträge werden nicht mehr erhoben das Geld kommt an die Kasse. Was nach dem Krieg geschieht wissen wir jetzt noch nicht also bis dahin, drei kräftige Narro! Narro! Narro! Waldmössingen den 17. Febr. 1940. Lukas Weber“
Mit diesem Eintrag in das Protokollbuch endete die erste Ära der Narrenzunft Waldmössingen. Es sollte einige Jahre dauern, bis die Narrenzunft wieder auferstehen konnte.
Die Nachkriegsjahre
Nach dem Krieg begann nicht die erhoffte bessere Zeit. Die wirtschaftliche Situation war schlecht, Hunger und Not waren überall. Ein Teil der Mitglieder der Narrenzunft war gefallen, andere galten als vermisst oder waren in Gefangenschaft geraten. Die allmählich heimkehrenden jungen Männer plagten ganz andere Sorgen, als das Fasnetsbrauchtum zu pflegen und angesichts der allgemeinen Not hielten viele die Fasnet für nicht zeitgemäß.
Trotzdem machten sich ein paar unentwegte daran, das Fasnetsbrauchtum fortzuführen. Bereits im Jahr 1946 fand, wenn auch in bescheidenem Umfang, wieder ein Bockbierfest im Kreuz statt und die Waldmössinger Fasnet regte sich wieder. Dabei trat eine Gruppe junger Männer auf den Plan, die fortan im Dorf, aufgrund ihrer einheitlichen Kleidung Die Sieben Weißen genannt wurden. Dies waren Herbert Kimmich, Franz Kopp, Manfred Motzer, Alfred Schneider I, Alfred Schneider II (Kaufmale), Hugo Schneider und Kurt Witz. Sie wirkten beim ersten Bockbierfest als Helfer mit und trugen die alten Roller bei dieser ersten kargen Fasnet in schweren Zeiten.
Auch ein Jahr später sah man die Roller wieder, aber auch schon viel Improvisiertes und die Sieben Weißen veröffentlichten 1947 wieder ein Narrenblättle. Ein Jahr später waren sie es auch, welche das Bockbierfest organisierten und damit den Kreuzwirt entlasteten, der in jenem Jahr einen Trauerfall in der Familie zu beklagen hatte. 1949 war dann die Währungsreform und danach konnte vieles in seiner Vielfalt und Buntheit wieder aufleben. Es war unter anderen Ludwig Kimmich, der es verstand, die Fasnet wieder ins Dorf zu tragen.
Dass der Krieg ein sehr langes Aus für die Narrenzunft bringen würde, ahnte damals wohl niemand. Es wurde wiederholt die Gründung einer Narrenzunft oder deren Wiedergründung angestrebt, doch mangels der Bereitschaft zur Übernahme eines verantwortungsvollen Amtes, blieb es immer beim Versuch. So veranstalteten die Vereine wieder ihre eigenen Fasnetsunterhaltungen und die Reihe der Veranstaltungen konnte sich sehen lassen. Beginnend mit dem Bockbierfest und der Fasnetseröffung im Kreuz zwei Wochen vor der Fasnet folgte eine Woche später der Bürgerball im Rössle, der von den Mitgliedern der zwischenzeitlich gegründeten Handharmonika-Spielringe unterstützt wurde. Der Gesangverein hatte seinen Schmotzigen mit Sauwadelessen wieder aufgenommen und für den Fasnetssonntag zeigte sich der Musikverein, unterstützt von anderen Vereinen, verantwortlich. Der Ausklang mit Fasnet vergraben fand am Fasnetsdienstag wieder im Kreuz statt.
In die Kiste, in der der Hansel vergraben wurde, passte kein Erwachsener. Deshalb hat Ludwig Kimmich einige Jahre seinen Sohn Gerhard in den Roller und in die Kiste gesteckt, so auch im Jahr 1958. In jenem Jahr sollte der kleine Gerhard erstmals zum Tisch des Herrn gehen. Doch die Erstkommunikanten durften im Jahr ihrer Erstkommunion nicht verkleidet an der Fasnet teilnehmen, denn dies galt als Sünde. Deshalb weigerte sich Gerhard, in die Kiste zu steigen, weil ihm ja gesagt wurde, wenn er sündige, dürfe er nicht an den Tisch des Herrn treten. Doch Ludwig Kimmich überzeugte seinen Sohn damit, dass die Fasnetseröffnung ganz wichtig und notwendig sei und niemals Sünde sein könne. So stieg Gerhard auch im Jahr seiner Erstkommunion als Roller aus der Kiste und erhielt die Absolution von einem Obernarr.
Mitte der 1950er-Jahre konnte der Schwarzwälder Bote folgendes von der Waldmössinger Fasnet berichten: „Mit dem Bockbierfest begann in Waldmössingen das närrische Treiben, um 19.00 Uhr feierte Narro seine Auferstehung. In der Woche danach war die Schuljugend traditionsgemäß maskiert unterwegs. Der Bürgerball im Rössle vereinte die bunt kostümierten Jungbürger im festlich geschmückten Saal. Am Schmotzigen erreichte die örtliche Fasnet ihren Höhepunkt mit dem Sauwadelessen des Sauwadelklubs. Am Samstag war Kappenabend im Rosengarten und am Sonntag zog sich der Umzug, gestaltet von den örtlichen Vereinen Musikverein, Radfahrerverein und Sportverein, durch das Dorf. Abends war üblicher Fasnachtssonntagsball und montags haben die Roller die Schüler zur Straßenfasnet befreit.“
Es schien also alles in bester Ordnung zu sein, denn die Waldmössinger liebten ihre Fasnet. Man besuchte die Veranstaltungen, zog als Alte Weiber verkleidet von Wirtschaft zu Wirtschaft oder sagte als Domino den feiernden Waldmössingern fleißig auf. Zudem beteiligten sich immer mehr Gruppen am Fasnetssonntagsumzug und auch die Kinder hatten ihren eigenen Ball und beteiligten sich bunt kostümiert am Umzug und zogen in der Vorfasnet verkleidet von Haus zu Haus.
Doch im Hintergrund wirkte sich das Nichtzustandekommen einer Narrenzunft mit den Jahren nachteilig auf die Organisation der Fasnetsveranstaltungen der Vereine aus. Auf Initiative von Edmund Schmid setzten sich die Vereinsvorstände zusammen und beschlossen die gemeinsame Fortsetzung des Fasnetsbrauchtums. Aus dieser konzentrierten Aktion hat sich dann der Vereinsring herausgebildet. Parallel zu diesen Gesprächen fanden bereits die ersten Aktivitäten statt, die zur Gründung der Hanselgilde führten. All das wirkte sich sehr vorteilhaft auf die weitere Entwicklung der organisierten Fasnet in Waldmössingen aus.
Die Hanselgilde
In den frühen 1960er-Jahren hatte die Beteiligung von Hanseln am Umzug immer mehr nachgelassen, die alten Roller waren unansehnlich geworden und hatten viel von ihrer früheren Anziehungskraft verloren. Ein aus dem Jahr 1963 stammender Beitrag sagt viel über die damalige Situation der Waldmössinger Narrenkleidle aus:
An Fasnacht 1963 war es ein Graus,
nur ein Hansele ging noch dem Umzug voraus.
Da braucht man sich auch nicht zu wundern,
es ist alles nur noch alter Plunder.
Die Roller hatten ausgedient und dieser Zustand musste geändert werden, darüber war man sich einig, und ein eigenes Narrenkleid zu besitzen, stand bei vielen auf der Wunschliste. Der Wunsch wurde auch dadurch befördert, dass potentielle junge Narren beim Ausleihen der Roller im Kreuz und im Rosengarten regelmäßig den Kürzeren zogen und von den Älteren rüde übergangen wurden. Unabhängig voneinander haben sich verschiedene Gruppen im Dorf den Erhalt des alten Fasnachtsbrauchtums auf ihre Fahnen geschrieben und auf unterschiedlichen Ebenen Gespräche geführt. Bis dahin war es nicht gelungen, die Wiedergründung der Narrenzunft durchzuführen. Wohl gab es verschiedene Denkanstöße, diese brachten aber nicht den gewünschten Erfolg.
Das veranlasste sieben Männer dazu, sich am 6. März 1963 zu einer Besprechung beim Brenntaweiner zu treffen. Ziel dieser Unterredung war, gemeinsam das Fasnetsbrauchtum in Waldmössingen fortzusetzen und einen eigenen, ortsbezogenen Hansel zu schaffen. Es folgte eine Pionierleistung, die dafür sorgte, dass das längst gepflegte Fasnetsbrauchtum im Dorf einen gewaltigen Aufschwung erlebte. Unter der Führung von Max Erath und weiteren ambitionierten Narren wurde das geschaffen, was heute die Waldmössinger Fasnet ausmacht.
Bereits vier Tage später unternahmen diese Vorkämpfer eine Fahrt nach Oberndorf zum Glockenmacher Rohr, um sich dort über den Erwerb von Geschellen zu informieren. Auf gleicher Tour wurde auch der Larvenschnitzer Haipt in Altoberndorf besucht. Schon nach wenigen Tagen, beim zweiten Treffen mit weiteren Interessenten, war der Fluorner Kleidlesmaler Josef Schneider anwesend. Dieser brachte konkrete Vorschläge und Motive für das Kleidle ein. Da vieles von der Gestalt des Rollers beibehalten werden sollte, war diesbezüglich auch rasch Einigung erzielt worden. Schnell waren sich die Wegbereiter auch darüber einig, dass eine im Besitz von Ludwig Kimmich befindliche und im Jahr 1925 geschnitzte Rollerlarve Vorbild für die neue Hansellarve sein soll. Diese Ur-Larve ist heute noch im Eigentum von Gerhard Kimmich und ist Bestandteil seines Hansels.
Große Bedeutung hatte auch der Ortsneckname der Waldmössinger die Goarnete. Um diesem Ruf auch in Zukunft gerecht zu werden, sollten alle Kleidle gleich aussehen und nur bei der Gilde in Auftrag gegeben werden können. Die zugehörigen Verhaltensregeln für den Hansel wurden später in der Narrenordnung festgelegt. Gewappnet mit konkreten Vorstellungen fand dann am 18. März 1963 die Gründungsversammlung der Hanselgilde statt. Der neuen Gruppierung traten 21 Personen bei, die noch in der Versammlung Max Erath zum Gildemeister und Vorstand wählten.
Jeder dieser 21 Gründer bestellte am selben Tag einen Waldmössinger Hansel. Übers Jahr wurde mit Hochdruck daran gearbeitet, die neuen Waldmössinger Narrenkleidle zu fertigen und schon am 24. Januar 1964 konnten sich 21 stolze Kleidlesbesitzer dem Fotografen stellen.
An der Fasnet 1964, beim Eröffnungssprung am Fasnetssonntag vom Hasen aus, bestanden die frischgebackenen Waldmössinger Hansel und ihre Träger die Feuertaufe. Bereits während der Fasnetstage schlossen sich der Gemeinschaft von damals 21 Aktiven acht weitere Mitglieder an, die ebenfalls einen Hansel ihr eigen nennen wollten.
Der Hansel, ausgestattet mit Korb und Brezelstange, war für den Träger auch deshalb keine ganz billige Angelegenheit, weil er selbst dafür zu sorgen hatte, dass genügend Brezeln, Orangen und Gutsle zum Auswerfen vorhanden waren und er dafür kräftig in die eigene Tasche greifen musste. Um hier Entlastung zu schaffen und um einen Teil des Auswurfes über die Gilde finanzieren zu können, beschloss die Hanselgilde Getreidesammlungen durchzuführen.
Zwischenzeitlich war auch schon das zweite Waldmössinger Narrenkleidle, der Schantle, in Vorbereitung. Es sollte ein gemütlicher Narrentyp werden, der es auch dem älteren Narren ermöglicht, sich aktiv als Kleidlesträger an der Fasnet zu beteiligen. Die Mitglieder der Hanselgilde einigten sich darauf, dass mit dem Schantle an den ersten Präsidenten der Narrenzunft, Carl Kimmich, erinnert werden soll; die Larve muss dessen Gesichtszüge tragen. Zur Fasnet 1965 betrat dann der Waldmössinger Schantle erstmals das Fasnetsparkett und auch ein Bennerrössle war inzwischen geschaffen worden.
Während der Fasnetssaison 1965 absolvierte die Hanselgilde ihren ersten auswärtigen Auftritt. Am 14. Februar fuhren alle Kleidlesträger zusammen mit dem Musikverein nach Haigerloch zum Narrentreffen. Der erste Hanselsprung in Formation vor fremdem Publikum war für alle Beteiligten ein besonderes Erlebnis. Der Hanselsprung erfolgte jedoch auf den Rottweiler Narrenmarsch und der Ruf nach einem eigenen Narrenmarsch wurde lauter. Schon bald war Kontakt zu dem Komponisten Artur Daubenberger in Karlsruhe aufgenommen worden. Parallel zu den Aktivitäten, die man für den eigenen Narrenmarsch unternahm, war die Hanselgilde damit beschäftigt, ein Kinderkleidle zu kreieren. Bereits im selben Jahr wurden die Arbeiten für den Kinderhansel abgeschlossen und die Komposition des Narrenmarsches war ebenfalls erledigt. Somit konnte am 11. November 1966 das erste Kinderkleidle zum Takt des neuen Waldmössinger Narrenmarsches die Fasnetssaison eröffnen.
Damit war in wenigen Jahren eine funktionierende, goarnete Fasnet entstanden, die bald über die Ortsgrenzen hinaus bekannt geworden war. Die Hanselgilde zählte inzwischen 39 Kleidlesträger. Im Jahr 1968 erhielt sie die Einladung, sich am Aufbau einer Zunftvereinigung zu beteiligen. Dieser Vorstoß mündete in der Gründung des Narrenrings Oberer Neckar, dem die Hanselgilde Anfang 1969 beitrat. Bereits im Februar 1969 besuchte man unter der Bezeichnung Narrenvereinigung Waldmössingen das Testtreffen des Narrenrings in Bochingen. Begleitet wurden die Waldmössinger Narren vom Musikverein und vom Gesangverein, der in jener Zeit den Elferrat und den Präsidenten stellte. In derselben Konstellation besuchten die Waldmössinger im Januar 1970 auch das erste offizielle Treffen des noch jungen Narrenrings Oberer Neckar in Epfendorf.
Indessen waren an verschiedenen Stellen Gespräche aufgenommen worden, die zum Ziel hatten, die Narrenzunft Waldmössingen wieder aufleben zu lassen, was dann auch am 11. April 1970 gelang. Bereits im Vorfeld hatte die Hanselgilde signalisiert, dass sie bei einer Wiedergründung der Narrenzunft dieser geschlossen beitreten werde; und das wurde dann auch vollzogen. Die Mitglieder der Hanselgilde unternahmen zum Abschied aus der Selbstständigkeit im Jahr 1970 noch einen gemeinsamen Ausflug und setzten damit einen Schlusspunkt hinter ein außerordentlich erfolgreiches Kapitel der Waldmössinger Fasnet.
Die Hanselgilde ist heute Organ der Narrenzunft Waldmössingen und stellt den Zusammenschluss aller aktiven Kleidlesträger dar. Ihre Interessen werden vom Gildemeister vertreten, er hat Sitz und Stimme im Elferrat. Nach Max Erath hat Karl Munz im Jahr 1971 das Amt des Gildemeisters übernommen. Ab 19xx vertrat Hans Kopp die Interessen der Gilde innerhalb der Narrenzunft. Dieser gab das Amt 19xx an Erich Fus ab; unter seiner Führung wurde der Gildeausschuss installiert. Der Gildeausschuss organisiert alle im Zusammenhang mit den Kleidlesträgern anfallenden Aufgaben, er legt fest, welche Fasnetsveranstaltungen von den Kleidlesträgern besucht werden, beschafft die Auswerfmaterialien und unterstützt den Elferrat aktiv in der Fasnetsorganisation. Die Hanselgilde führt zudem für jedes Waldmössinger Narrenkleidle eine Sprungliste. Darin wird eingetragen, welches Kleidle wann und wie oft in der jeweiligen Saison in Erscheinung tritt.
Nachdem Erich Fus im Jahr 1990 zum Zunftmeister der Narrenzunft und Präsidenten gewählt wurde, hat sein Bruder Max Fus das Amt des Gildemeisters übernommen und dieser hat seine Aufgaben nach acht erfolgreichen Jahren im Jahr 1998 an Michael Roth übergeben. Michael Roth steht heute insgesamt knapp 300 Kleidlesträgern vor. Zusammen mit dem Gildeausschuss werden die stetig wachsenden Aufgaben bewältigt. Die Vollversammlung aller Kleidlesträger, die Gildeversammlung, findet jedes Jahr am 7. Januar statt. Darin legt die Hanselgilde Rechenschaft über ihre Aktivitäten ab und gibt die Auftrittstermine der Narren bekannt. In dieser Versammlung wird auch der Narr aus seiner Jahresbleibe geholt, abgestaubt und damit die jeweilige Fasnetssaison eröffnet. Die Ansprachen des Gildemeisters Michael Roth in der Gildeversammlung gelten inzwischen als legendär.
Die Narrenzunft Waldmössingen gründet sich neu
Ende der 1960er-Jahre steckte die organisierte Fasnet in Waldmössingen in der Krise. Einerseits war es der Hanselgilde erfolgreich gelungen, die Waldmössinger Narrenkleidle im Dorf und bei der Bevölkerung zu etablieren und eine lebendige Haus- und Straßenfasnet zu gestalten, andererseits befand sich die Organisation der Saalfasnet in einer ungeordneten Lage.
Noch gab es das Bockbierfest zwei Wochen vor der Fasnet und auch der Gesangverein führte traditionsgemäß sein Sauwadelessen am Schmotzigen durch. Zwischenzeitlich fand, bedingt durch den weggefallenen Bürgerball, auch ein Feuerwehrball statt, aber es wurde immer schwieriger, den Umzug und den anschließenden Kinderball zu organisieren. Der Kirchenbrand im Januar 1969, und die damit verbundene Verlegung der Sonntagsgottesdienste in die Turnhalle, hat die Situation in der Fasnetsorganisation bei den einzelnen Vereinen nicht erleichtert. Der Ruf nach einer Narrenzunft wurde immer lauter.
Im April 1969 lud Vereinsringvorsitzender Edmund Schmid zu einer erweiterten Vereinsringsitzung ein, in der Bürgermeister Zäh dazu aufrief, die Fasnetstraditionen wieder neu zu beleben. In einem Schreiben der Hanselgilde wurden die noch lebenden Mitglieder der 1935 gegründeten Narrenzunft um ihre Unterstützung gebeten. Neben gemeinsamen Anstrengungen innerhalb des Vereinsrings und vielen Einzelgesprächen in ganz unterschiedlichen Konstellationen wurde bereits eine Satzung für den wieder zu gründenden Verein entworfen. Nach langen Verhandlungen konnte im Frühjahr 1970 zur Gründungsversammlung eingeladen werden. Am 11. April 1970 war es dann endlich gelungen, die Narrenzunft Waldmössingen wieder ins Leben zu rufen und den Satzungsbeschluss durchzuführen.
Aus dieser Versammlung gingen Alois Günter, Eugen Kimmich, Robert Schneider, Horst Erath, Johannes Schneider, Kurt Witz, Hans Kopp, Artur Albrecht, Josef Kimmich, Bruno Jauch und Helmut Notheis als Elferräte hervor. In der konstituierenden Sitzung des Elferrats wurde Eugen Kimmich zum Präsidenten gewählt.
Die neue Narrenzunft ging ihre Aufgaben mit Elan und Enthusiasmus an und bewältigte im ersten Jahr ein enormes Arbeitsprogramm. Auch hatte bereits ein Zunftballett seine Proben aufgenommen und wollte sich an der kommenden Fasnet dem Publikum zeigen. Die Fasnet 1971 sollte ganz vom Neubeginn geprägt sein. Es wurde beschlossen, dass das Bockbierfest beim Kreuzwirt verbleiben soll, die Narrenzunft jedoch einen Zunftabend mit buntem Programm durchführen wird. Zum Zeichen dafür, dass die Narrenzunft über die närrischen Tage regiert, sollen Schlüsselübergabe und Fahnenhissung am Rathaus stattfinden. Zudem organisiert die Narrenzunft den Fasnetssonntagsumzug, das anschließende Narrentreiben in der Turnhalle und einen Goarneten-Ball am Sonntagabend. Kinderumzug und Kinderball werden am Fasnetsdienstag durchgeführt und finden ihren Abschluss im Kreuz. Da der Gesangverein zukünftig keinen Elferrat mehr stellt, wurde von den Liederkränzlern deren Elferratskostüm abgekauft und für die Elfer der Narrenzunft übernommen.
Von der Hanselgilde übernahm die Narrenzunft Waldmössingen die Mitgliedschaft im Narrenring Oberer Neckar und besuchte, bevor sie sich in Waldmössingen erstmals offiziell zeigte, im Januar 1971 das Ringtreffen in Boll. Dort trat auch das Zunftballett Waldmössingen zum ersten Mal auf.
Bereits im dritten Jahr nach der Wiedergründung durfte die Narrenzunft Waldmössingen das 4. Ringtreffen vom Narrenring Oberer Neckar ausrichten. Am 10. und 11. Februar 1973 befand sich Waldmössingen fest in närrischer Hand. Zum Festbankett mit Brauchtumsabend des Narrenrings konnte am Samstag eingeladen werden und der Sonntag wurde mit dem Zunftmeisterempfang eröffnet. Nachmittags zogen 15 Narrenzünfte und Musikkapellen mit nahezu 1.500 Kleidlesträgern und Musikanten durch das Dorf zum Festzelt an der alten Oberndorfer Straße. Dort klang ein erfolgreiches Narrentreffen bei Brauchtumsvorführungen und Tanz aus. Die erste Feuerprobe der noch jungen Narrenzunft war bestanden.
Ab dem Jahr 1974 erhielt die Waldmössinger Fasnet zunehmend eine römische Prägung. Der Elferrat gewandete sich in luftige Feldherrenkleidung und im Umzug fuhren ein nachgebildetes Kastell und ein Kampfwagen mit. Der Zunftabend wurde zum Prunkabend und der Präsident zum Centurio. Den Einzug des Elferrats flankierten römische Soldaten und als schmückendes Beiwerk erschienen Römerinnen und ein Prunkrömer. Diese neue Gewandung des Elferrats stand oft im Gegensatz zum Wetter an der Fasnet, doch die Elferräte ernteten viele neugierige und bewundernde Blicke.
In der Fasnetssaison 1974 gab es weitere Neuerungen. Erstmals fand ein von der Narrenzunft veranstalteter Altweiberball in der Turnhalle statt, der sich im Laufe der ersten Jahre sehr erfolgreich entwickelte. Der Kinderumzug am Fasnetsdienstag wurde in den Fasnetsumzug am Sonntag integriert und ab diesem Zeitpunkt war der Elferrat am Dienstagnachmittag immer mit besonderem Motto im Dorf und den Wirtshäusern unterwegs. Auf seiner Tour besuchte der Elferrat auch regelmäßig die Narrenmutter Hedwig Erath. Sie war jahrelang ehrenamtliche Zunftnäherin und die gute Seele der Narren und wurde aufgrund ihrer herausragenden Verdienste von der Narrenzunft Waldmössingen mit dem Ehrentitel „Narrenmutter“ geschmückt.
Eine weitere Innovation stellte sich im Jahr 1976 ein. Narrenzunft und Hanselgilde veranstalteten am Fasnetsmontag einen Narrensprung durch das Dorf. Elferrat, Musikverein, Ballett und Kleidlesträger zogen durch die Straßen, machten einen Halt im Roten Weg bei der Narrenmutter und lösten ihren Umzug beim Kreuz auf, wo sich die Narren zu einem gemeinsamen Mittagessen trafen. Dieser Narrensprung wurde aber schon bald zugunsten der Hausfasnet wieder aufgegeben.
Mitte der 1970er-Jahre trat beim Prunkabend erstmals eine Gruppe junger Frauen auf, die Heimbachlerchen. Sie verstanden es in besonderer Manier, der Verwaltung, dem Elferrat und der Bevölkerung den Narrenspiegel vorzuhalten und waren viele Jahre mit ihren Liedern erfolgreich und avancierten zu lokalen Stars auf der Narrenbühne.
Im Jahr 1978 stellte Eugen Kimmich sein Amt als Präsident und Vorstand der Narrenzunft zur Verfügung und konnte auf acht erfolgreiche Jahre zurückblicken. Die Narrenzunft ließ es sich nicht nehmen, die Leistungen von Eugen Kimmich in besonderer Weise zu würdigen und ernannte ihn am Ende seiner Amtszeit zum „Narrenvater“.
Unter seinem Vorsitz ist es dem Elferrat und den Zunftmitgliedern gelungen, die Fasnet in Waldmössingen wieder in goarnete Bahnen zu lenken und auf sichere Beine zu stellen. Die Verantwortlichen wie auch die Mitglieder der Zunft konnten zuversichtlich in die Zukunft schauen.
Die Narrenzunft Waldmössingen entwickelt sich weiter
„Waldmössinger Narren kopflos“, so titelte der Schwarzwälder Bote am 13. März 1978 im Schramberger Lokalteil. Tatsächlich ging die Narrenzunft Waldmössingen präsidentenlos aus der Generalversammlung, in der Eugen Kimmich sein Amt zur Verfügung stellte. Durch eine Unsauberkeit in den Vereinsstatuten kam es zu der Situation, dass in der Versammlung kein Nachfolger im Präsidentenamt bestimmt, sondern dies erst in der folgenden konstituierenden Sitzung des Elferrats erledigt wurde. Was der Zeitungsredakteur jedoch nicht wusste, war die Tatsache, dass in Vorgesprächen längst geregelt worden war, wer der zukünftige Präsident der Narrenzunft sein sollte. In der bestimmenden Zusammenkunft des Elferrats am 18. März 1978 wurde Horst Erath einstimmig zum neuen Präsidenten und Vorsitzenden der Narrenzunft Waldmössingen gewählt. Horst Erath, Hanselgildegründer, Sauwadelbruder, Elferrat und aktiver Narr nahm die Herausforderung Narrenzunft aus Überzeugung an
Zusammen mit dem Elferrat führte der neue Präsident das fort, was nach der Wiedergründung begonnen wurde und arbeitete stets daran, überlieferte Traditionen zu pflegen und nahm neue Strömungen auf. Ein großes Anliegen zu Beginn seiner Amtszeit war die Neueinkleidung des Elferrats. Das römische Feldherrenkleid war bei Umzügen nicht immer praxistauglich, die roten Umhänge hatten zu wenig Repräsentationscharakter. Nach langer Recherche wurde im Jahr 1979 für den Elferrat ein Vogtskostüm in Auftrag gegeben, das an der Fasnet 1980 erstmals in Erscheinung trat. In Anlehnung an die Landvögte der Grafen, die Waldmössingen 800 Jahre lang regierten, kleidete sich der Elferrat fortan als Vögte des späten Mittelalters.
In den 1980er-Jahren erlebt die Narrenzunft einen Anstieg der Mitgliederzahlen und eine große Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Bälle stellen eine große Bereicherung des kulturellen Lebens in Waldmössingen dar und werden vom närrischen Publikum in großer Zahl besucht. Beim Prunkabend mit buntem Bühnenprogramm und Balletteinlagen werden die wichtigen Ereignisse des zurückliegenden Jahres aus der Politik aufs Korn genommen und Bürger und Stadtobere humorvoll angeprangert. Der Prunkabend erfreut sich so großer Beliebtheit, dass er bald zweimal stattfinden muss, um dem ganzen närrischen Volk von Waldmössingen die Möglichkeit zu geben, das abwechslungsreiche Programm zu sehen. Der Altweiberball bietet im Gegensatz dazu Tanz, Stimmung und beste Unterhaltung durch die Alten Weiber. Der in Zusammenarbeit mit der Schule veranstaltete Kinderball ist ein Renner bei kleinen und großen Narren und beim Fasnetsball am Sonntagabend sorgt über viele Jahre eine Tanz- und Stimmungskapelle aus Oberschwaben, die Berger Dorfmusikanten, für ein volles Haus und überschäumende Fasnetsstimmung. Aus dieser Verbindung heraus entstand eine intensive Vereinsfreundschaft zwischen der Narrenzunft und dem Musikverein Berg, die zwischenzeitlich auf ihr 30-jähriges Bestehen blicken kann.
Die Narrenzunft ist jedoch nicht nur an der Fasnet aktiv, sondern entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem Ganzjahresverein. Durch gemeinsame Vereinswanderungen, Lichtgänge, und viele andere kameradschaftliche Veranstaltungen wird die Zusammengehörigkeit gestärkt und gepflegt. Der Verein ist aktives Mitglied im Vereinsring Waldmössingen, beteiligt sich an Dorffesten und Märkten und zeigt bei vielen Veranstaltungen anderer Vereine Engagement und unterstützt, wo er gebraucht wird.
Im Laufe der Jahre hat sich bei der Narrenzunft Waldmössingen ein enormer Fundus an Kostümen und Dekorationen angesammelt, der gepflegt und verwaltet sein will. Zu Anfang stellte Elferrat und Zeugmeister Alfred Notheis einen Teil seines Hauses als Zeugkammer zur Verfügung, doch bald reichte der Platz nicht mehr aus und es musste Abhilfe geschaffen werden. Die Ortsverwaltung bot der Narrenzunft im Dachgeschoss der Schule Räumlichkeiten zu nutzen, die dann in 250 Stunden Eigenarbeit zum Zeugraum der Narrenzunft ausgebaut und im Jahr 1984 bezogen wurden.
Das Jahr 1985 stand ganz im Zeichen des 50-jährigen Vereinsjubiläums. Das war Anlass für die Ausrichtung des 12. Ringtreffens vom Narrenring Oberer Neckar. Die Feierlichkeiten begannen mit einem großen Festakt in der Kirchberghalle, bei dem verdiente Vereinsmitglieder geehrt wurden. Die anwesenden Gründungsmitglieder und Obernarren erhielten an diesem Abend schmucke Obernarrenkappen, die bei der Narrenmutter Hedwig gar nicht ankam, sie meinte: „Mir wär ein Zinnteller lieber“. Neben Festansprachen sorgten der Musikverein und die Sauwadelbrüder für kurzweilige Unterhaltung und der Kirchenchor sang zur Überraschung aller Anwesenden den Waldmössinger Narrenmarsch vierstimmig.
Beim traditionellen Brauchtumsabend des Narrenrings bewiesen die Ringzünfte eindrücklich, was sie sich bei der Gründung des Rings auf die Fahnen geschrieben haben. Der Sonntag begann mit einem Gottesdienst für Narren in der St. Valentinskirche und bei dem die Musikfreunde aus Berg den musikalischen Rahmen setzte. Beim anschließenden Zunftmeisterempfang wurden humorvoll die Gastgeschenke ausgetauscht uns so manche Brust mit Orden geschmückt. Am Nachmittag zog ein farbenprächtiger Narrenumzug tausende Besucher in ihren Bann und das Zelt am Bauhof platzte danach aus allen Nähten. Der Montag gehörte den Kindernarren, bei dem die Kleinsten eindrücklich zeigten, dass auch sie schon goarnete Narren sind.
Das Narrentreffen wurden zum großen Erfolg und beflügelte die Vereinsmitglieder, die Hanselgilde und den Elferrat, förderte die Verbundenheit und die Kameradschaft. So motiviert bewältigte der Verein die Arbeit der kommenden Jahre fast spielerisch. Nach überaus erfolgreicher, zehnjähriger Amtszeit gab Horst Erath im Jahr 1988 die Präsidentschaft und den Vereinsvorsitz an Erich Fus ab. Der bisherige Gildemeister übernahm die Führung eines bestens aufgestellten Vereins und konnte übergangslos an die Erfolge seines Vorgängers anknüpfen. Der engagierte Kleidlesträger Erich Fus hatte ein ganz besonderes Ziel: Er wollte als Zunftmeister die junge Generation noch näher an Brauchtum und Tradition heranführen und die Idee eines dritten Narrenkleidles verstärkt verfolgen.
Als langjähriger Gildemeister war es ihm eine besondere Ehre, im Jahr 1988 der Hanselgilde zum 25. Geburtstag zu gratulieren. Bei der Ehrung der Gründungsmitglieder lobte der Präsident deren Mut und Pioniergeist, der sich im Laufe der Jahre ausbezahlt hat. Das Jubiläum der Hanselgilde war der Anlass dafür, dass am Fasnetsmontag verschiedene Gruppen von Kleidlesträgern ihre Aufwartung bei Gründungsmitgliedern und Obernarren machten.
Die Idee des dritten Narrenkleidles war Arbeitsauftrag für das Jahr 1989. In vielen Sitzungen und kreativen Gesprächen, geleitet von Erich Fus und unterstützt von Horst Erath und Ulrich Jaud wurde entworfen und geschaffen, was am 11. November 1989 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, das Jockele. Zur Einführung und Erklärung dieses Narrentyps verfasste Karl-Heinz Hurtz eine Legende und von der Zunft wurde das Jockele als Waldmössinger Narrenfigur anerkannt. Am Fasnetssonntag im Jahr 1990 nahmen bereits fünf Jockele am Narrenumzug teil und wie sich später zeigte, sollte das neue Narrenkleid eine Erfolgsgeschichte werden.
Im Jahr 1991 fällt die Fasnet wegen des Konflikts am Golf aus. Wie überall im Land hat sich auch die Narrenzunft Waldmössingen dazu entschlossen sämtliche Fasnetstermine abzusagen. Doch ganz ohne einander konnten die Vereinsmitglieder an der Fasnet nicht sein, deshalb wurde am Fasnetssonntag ein Kindernachmittag für kleine und große Besucher durchgeführt und Elferrat und Gildeausschuss trafen sich am Fasnetsmontag zu einem Kameradschaftstreffen im Kreuz.
Einmal beim Landesvater seine Narrenzunft zu präsentieren, das war ein lang gehegter Wunsch von Zunftmeister Erich Fus. Im Jahr 1994 war es dann soweit, der Ministerpräsident gab sich die Ehre und lud zum närrischen Staatsempfang in der Villa Reitzenstein. Am 9. Februar 1994 zog eine Abordnung der Narrenzunft Waldmössingen beim närrischen Staatsempfang in die Villa Reitzenstein ein, um dem Landesvater Erwin Teufel die Aufwartung zu machen.
Nach einer erfolgreichen Fasnet 1994 zog die Narrenzunft Waldmössingen zusammen mit allen anderen Vereinen und der gesamten Bevölkerung am selben Strang. Die 1000-Jahr-Feier des Dorfes verlangte Engagement und Einsatz auf allen Ebenen. Für die Narrenzunft war es selbstverständlich, sich an der Organisation und der Durchführung dieses Großereignisses zu beteiligen. Und gleich im Anschluss daran galt es für die Narrenzunft eine weitere Feierlichkeit zu organisieren. Im 60. Jahr nach der Vereinsgründung war man Ausrichter des 17. Ringtreffens des Narrenrings Oberer Neckar.
Vom 10. bis 13. Februar 1995 regierten im Dorf nicht nur die Waldmössinger Narren. Befreundete Zünfte aus nah und fern besuchten das Narrentreffen und boten ein buntes Programm. Bei einem bereits im Vorfeld stattfindenden Festakt konnten auch dieses Mal wieder verdiente Mitglieder geehrt werden. Das Narrentreffen begann am Freitag mit Fassanstich und Showtanzabend. Am Samstag fand der traditionelle Brauchtumsabend der Ringzünfte statt, der durch eine schweizerische Guggemusik bereichert und mit Rockmusik beendet wurde. Beim Narrengottesdienst am Sonntag war es der Musikverein Berg, der die musikalische Gestaltung übernahm. Im Anschluss trafen sich die Zunftmeister zum Empfang und am Nachmittag zogen bei strahlendem Sonnenschein über 3.000 Narren und Musiker durch das Dorf zum Festzelt auf der Hagenwiese. Der letzte Festtag war in Kinderhänden und die Jungnarren zeigten ihr ganzes Können.
Auch dieses Narrentreffen war von Erfolg gekrönt und der Verein ging gestärkt aus den Feierlichkeiten heraus. Jetzt konnte auch die Dorffasnet ausgiebig gefeiert werden. Beim Zunftball stand erstmals eine Gruppe junger Leute auf der Bühne, die später als Das Jungvolk bekannt wurde. Diese Gruppierung versteht es seither jedes Jahr neu, die Dorfbevölkerung und die Obrigkeit zu glossieren und mit spitzer Zunge närrische Wahrheiten preiszugeben. Zwischenzeitlich sind einige Personen aus dieser Gruppe aktive Mitglieder in Gildeausschuss und Elferrat.
Im Jahr 1997 hatte die Narrenzunft Waldmössingen einen Umzug zu bewältigen. Der Zeugraum in der Schule musste zugunsten von Schulräumen aufgegeben werden. Doch fand die Narrenzunft ihr neues Domizil im Alten Schulhaus. Hier gab es nicht nur genügend Platz für die Vereinsutensilien, sondern es bot auch Raum, um ein Zunftstüble einzurichten. In diesem Jahr gab es zur Fasnet ein besonderes Hörerlebnis; der Narrenmarsch war im Sound der 90er-Jahre abgemischt und aufgenommen worden. Die Fasnet wurde auch in neuer Form eröffnet. Erstmals seit der Zunftgründung zogen die Elferräte durch den Ort, um bei den Obernarren zuhause die Narrenkleider abzustauben. In der am selben Tag stattfindenden Gildeversammlung wird die Fasnet eröffnet und der Narr aus seiner Jahresbleibe herausgeholt.
An der Fasnet 2000 konnte sich der Elferrat im neuen Vogtkostüm präsentieren. Die Schaffung dieser neuen einheitlichen Elferratsuniform bedeutete auch den letzten Meilenstein in einer überaus erfolgreichen Präsidentenkarriere. Seit seinem Amtsantritt als Zunftmeister und Präsident hatte es Erich Fus geschafft, die Mitgliederzahl und die Zahl der Kleidlesträger nahezu zu verdoppeln. Er schaffte es in unvergleichlicher Weise, junge Narren in den traditionsreichen Verein zu integrieren und Altgediente bei der Stange zu halten. Nach zwölf überaus erfolgreichen Jahren im Zunftvorsitz gab Erich Fus die Ämter des Zunftmeisters und Präsidenten an Siegfried Erath ab.
Der Titel Narrenmutter blieb nach dem Tode von Hedwig Erath einige Jahre verwaist. Im Jahr 2001 hatte der neue Präsident die ehrenvolle Aufgabe den Ehrentitel wieder an eine verdiente Närrin zu vergeben. Agatha Langenbacher, die viele Jahre die zunfteigenen Kinderkleidle gepflegt und verwaltet hatte, wurde zur Narrenmutter ernannt und vom Präsidenten mit den entsprechenden Insignien ausgestattet.
Mit Siegfried Erath an der Spitze sagte die Narrenzunft „tschüss Kirchberghalle“ und „Hallo“ Kastellhalle, für den neuen Präsidenten ein besonderes Ereignis, zumal er sich zuvor jahrelang im Mehrzweckhallenförderverein engagiert hatte. Der Name der neuen Halle war dann auch Programm für die Fasnet 2003. In der Kastellhalle gab man sich wieder sehr römisch und hatte dazu reiche Auswahl im Fundus der Narrenzunft.
2009 wurde der ehemalige Zunftmeister Erich Fus zum Narrenvater ernannt, nachdem dieser Titel seit Jahren vakant war.
Im Jahre 2010 gab Siegfried Erath sein Amt an Manuel Häring ab und wurde noch in der gleichen Generalversammlung von diesem zum Obernarr ernannt.
2014 führte die Narrenzunft Waldmössingen erstmals vor dem traditionellen Kinderball am Fasnetssamstag einen Kinderumzug durch. Von der Ortsverwaltung bis zur Kastellhalle säumten unzählige Zuschauer den Straßenrand um den Narrensohmen würdig zu feiern.
Mit den Jahren ist die Fasnet in Waldmössingen zu dem geworden, was sie heute ist: ein elementarer Bestandteil der dörflichen Kultur. Die auffallend wichtigen Fasnetsveranstaltungen sind derzeit der Eröffnungsball, der Zunftball, die Schlüsselübergabe mit der Entmachtung der Ortsvorsteherin und des Ortschaftsrats, der Kinderball, der Umzug mit anschließender Kleidlesverlosung und die Hausfasnet am Montag und Dienstag. Aber auch Veranstaltungen anderer Vereine und Institutionen gehören zur Waldmössinger Fasnet unbedingt dazu. Hier zu zählt zum Beispiel der Kappenabend des Sportvereins. Das traditionell am Dienstag stattfindende Schlachtplattenessen der Feuerwehr ist ein wesentlicher Bestandteil der Dorffasnet, wie auch die Seniorenfasnet der Kirchengemeinde. Und nicht zu vergessen sind die Gastwirte, die den Narren in jedem Jahr ihre Gastfreundschaft anbieten.
Die Narrenzunft zählt derzeit 490 Mitglieder und ca. 330 Hästräger.
Die Narrenfiguren
Der Hansel
Die Renommiergestalt und dominierende Narrenfigur in der Waldmössinger Fasnet ist der Hansel Er gehört zur großen Familie der Weißnarren. Anfang der 1920er-Jahre kam der Hansel erstmals nach Waldmössingen und wurde 1963 völlig neu gestaltet. Das dreiteilige, weiße Leinenkleid schmückt ein streng festgelegtes Figurenprogramm.
Ein reich bemalter Kittel bildet das Oberteil. Auf seiner Vorderseite ist eine Waldmössinger Begebenheit aufgemalt, die im Narrenmarsch besungen wird. Der Buhl, ein Tüftler und Künstler, hatte eine Orgel gebaut, die er stimmen wollte. Um „den Ton zu holen“ wanderte er nach Sulgen, den Ton will er von der dortigen Orgel abnehmen. Auf dem Heimweg summte er den Grundton vor sich hin, bis ihm ein krähender Hahn am Ortseingang von Waldmössingen den Ton entriss. Den Kittelrücken ziert das einstige Römerkastell. Die Ärmel sind mit Hagebutten- und Schlehenzweigen verziert, römischer Wachturm, Kriegswaffen und Legionszeichen vervollständigen das Bildprogramm des Oberteils.
Ein altes Waldmössinger Narrengeschlecht, die Eheleute Matthäus und Maria Erath, zieren die Vorderfront der Hosenbeine. Sie sind Eltern des Waldmössinger Heimatdichters Vinzenz Erath, welcher in einem seiner Bücher den Vater als leidenschaftlichen Maskenschnitzer beschreibt. Auf den Rückseiten der Hosenbeine sind ein römischer Legionär mit Lanze und Schild und ein römischer Präfekt mit Rutenbündel aufgemalt.
Das Larvenhäuble schmücken Silberdisteln, die Heimbachquelle und der Sauwadel. Zudem prangt dort der Fuchsschwanz, das Sinnbild der Schläue.
Typisch für den Hansel ist die holzgeschnitzte Glattlarve, die mit einem Rosshaarkranz umgeben ist. Wie der klassische Weißnarr trägt der Hansel vier über Brust und Rücken gekreuzte Rollenriemen, das Gschell. Als Narrenattribute führt der Hansel Auswerfkorb und Brezelstange mit sich. Weiße Handschuhe, welche die Feinheit und das Edle des Narren versinnbildlichen, und schwarze Halbschuhe ergänzen das zwingend vorgegebene Erscheinungsbild. Der Hansel bewegt sich bei Auftritten in einer vorgeschriebenen Schrittfolge; es ist ihm nicht erlaubt, nach dem Betzeitläuten aktiv zu sein.
Der Schantle
Der Waldmössinger Schantle trat an der Fasnet 1965 erstmals ins närrische Rampenlicht. Das dreiteilige Kleidle besteht aus kariertem Metzgerleinen. Die holzgeschnitzte Bartlarve, eine Portraitlarve, zeigt die Gesichtszüge von Carl Kimmich, dem ersten Präsidenten der Narrenzunft Waldmössingen.
Über der befransten Larvenhaube sitzt ein grünes Hütchen mit steifem Rand und farbigen Bändern, den Kittelrücken schmückt das Waldmössinger Ortswappen und als schmückende Accessoires hängen vor der Brust große, farbige Foulards. Zur Ausstattung vom Schantle gehört neben dem Auswerfkorb auch ein Stockschirm, der mit Rüschen, Spitzen oder Fransen besetzt ist. Schwarze Halbschuhe und weiße Handschuhe runden das einheitliche Bild ab.
Wichtiges Utensil des Schantles ist das Narrenbuch, in dem die komischen Ereignisse übers Jahr notiert und mit entsprechenden Karikaturen illustriert werden. Aus diesem Buch liest der Schantle den Aoschick den betroffenen oder anderen Personen vor.
Der Schantle kommt mit hinkenden Schritten daher und ist inzwischen für viele alte und junge Narren zum besten Freund geworden.
Das Jockele
Seit 1989 bereichert ein uriger Geselle die Waldmössinger Fasnet. Das Jockele erscheint in zwei Versionen. Durch verschieden farbige Strümpfe und anderes Halstuch, grenzt sich das rote Hagebutten-Jockele vom blauen Schlehen-Jockele ab.
Zur braunen Kniebundhose trägt das Jockele einen grünen Blätzleskittel. An ihm hängen die in Farbe und Form unterschiedlichen Glöckchen und symbolisieren Hagebutten und Schlehen. Der pfiffig-verschmitzte Gesichtsausdruck der Holzlarve spricht für sich und wird durch einen grauen Filzhut unterstrichen. Die Silberdistel und der Heckenzweig am Hut verweisen auf die Herkunft vom Jockele, dem Heckengäu. Als Beiwerk trägt das Jockele eine Strohtasche und als Neckinstrument einen Stecken, an dem Glöckchen, Blattwerk und der Fuchsschwanz hängen. Schwarze Halbschuhe und schwarze Handschuhe gehören zur unbedingten Ausstattung.
Im Gegenteil zum streng reglementierten Hansel besitzt das Jockele einen gewissen Freiraum in der goarneten Fasnet. Wo immer sich der Spaßmacher zeigt, sorgt er für Heiterkeit.
Der Waldmössinger Narrenmarsch
Eine wichtige Rolle bei allen Fasnetsveranstaltungen spielt die Musik und der eigene Narrenmarsch schafft Identität und steigert das Gemeinschaftserlebnis. Das erkannte die Hanselgilde frühzeitig und unternahm schon während der Entstehung der ersten Narrenkleidle Anstrengungen dafür, einen auf die Waldmössinger Fasnet gemünzten Marsch zu besitzen.
Der Kontakt zu einem Karlsruher Komponisten erwies sich als erfolgreich. Bereits im dritten Jahr nach der Gründung der Hanselgilde legte Artur Daubenberger eine erste Tonbandaufnahme vor. Dessen Frau, Erna Daubenberger, dichtete den Text, in den sie lokale und ganz auf den neuen Hansel abgestimmte Gegebenheiten einfließen ließ.
Am 11. November 1966 ertönte der Waldmössinger Narrenmarsch zum ersten Mal in der Vollversammlung der Hanselgilde. Die damals gehörte Klavierversion traf aber nicht bei jedem den richtigen Ton. Erst nachdem die Partitur für eine Blaskapelle gesetzt war, war das Hörerlebnis perfekt.
Seither hat sich der Waldmössinger Narrenmarsch zum Markenzeichen entwickelt, wird an der Fasnet unzählige Male intoniert und besitzt einen hohen Identifikationswert. Und erst durch das Zusammenspiel von Musik und Bewegung entsteht die Choreografie der Fasnet. Nach dem Takt des Narrenmarsches richtet sich der Schritt der Kleidlesträger und der Formationssprung der Waldmössinger Narren ist zwischenzeitlich zu einem unverwechselbaren Merkmal der Goarneten geworden.
„So springet nao die Goarnete…“ singen die Waldmössinger in ihrem Narrenmarsch. Aber weshalb Goarnete?
Die Goarnete, das ist schon seit langer Zeit der Ortsneckname, der in den Nachbargemeinden für die Waldmössinger verwendet wird. Doch warum sollten die Waldmössinger besonders geordnet sein?
In einer Ortsbeschreibung des Oberamtes Oberndorf von 1868, herausgegeben vom königlichen statistisch-geografischen Bureau, wurde der Ort Waldmössingen sehr wohlwollend beurteilt. So heißt es dort wörtlich: „…die Einwohner, ein gesunder kräftiger Menschenschlag, sind fleißig, sparsam, mäßig, an Ordnung gewöhnt und eifrige Kirchgänger…“. Auch die die weitere Beschreibung „…ein freundlicher und gesunder Ort…“ mag manchen Neid geweckt und viele Spötter auf den Plan gerufen haben.
Und seither versuchen die Waldmössinger diesem guten Urteil gerecht zu werden und treten nicht nur an der Fasnet stets goarnet in Erscheinung!
Text des Waldmössinger Narrenmarsch:
Hoorig isch dia Katz am Bauch, hoorig isch se ganz,
hoorig isch dia Katz am Bauch, ond net nao am Schwanz.
Wenn dia Katz net hoorig wär, hollariarei,
fing´ sie keine Mäuse mehr, hollariarei.
So springet nao die Goarnete, mit Korb ond Brezelstang,
so springet nao die Goarnete, mit Schella ond Gesang.
Wadl, Wadl – Schwänzle von der Sau,
Wadl, Wadl – Schwänzle von der Sau.
Sauwadelhausen, die Heimbachquell rauscht,
dort wo der Buhl hat dem Hahnschrei gelauscht.
Schlau isch der Narr, wie der Fuchs draus´ im Hag,
die Goarnete springet, soll komma was do mag.
Sauwadelhausen im Schwarzwälder Land,
isch alle Narra, ja Narra bekannt.
Silberne Disteln und Schlehen im Gäu,
wie bald isch dia Fasnet, dia Fasnet doch vorbei.
Das Närrische Goarnete Blatt – Die Geschichte vom Narrenblättle
Nach Gründung der Narrenzunft Waldmössingen wurde in einer öffentlichen Vollversammlung 1936 bekannt gegeben, dass ein Briefkasten am Wirtschaftseingang vom Kreuz aufgehängt wird, in den der Dorfklatsch für das Narrenblättle eingeworfen werden kann. Zudem wurde eine Narrenzeitungsredaktion gebildet, bestehend aus dem Schriftführer Lukas Weber und vier weiteren Mitgliedern.
Das erste selbstverfasste Narrenblättle Aisere Waldmössinger Wahrheiten erschien am Fasnetssonntag, 7. Februar 1937. Im Protokollbuch ist darüber zu lesen: „…juhu, juhei, es lebe die Narretei. Aiser Narrenblättle wird verkauft, 250 Stck. an der Zahl. Morgens nach der Kirche wird auf dem Rathausplatz verkauft, andere gehen in die Häuser, alles ist gespannt und wills zuerst haben…“.
In den Jahren 1938 und 1939 erschien jeweils zur Fasnet ein Narrenblättle, das am Fasnetssonntag nach der Kirche verkauft wurde. Leider war dieser Narrenblattredaktion nur ein kurzes Leben beschieden, denn nach Kriegsbeginn wurden alle närrischen Aktivitäten verboten.
Nach dem Kriegsende machten sich einige Unentwegte Gedanken über die Fortführung des Fasnetsbrauchtums. Es bildete sich eine Gruppe, die später im Ort Die Sieben Weißen genannt wurde. Im Jahr 1947 nahmen diese die Herausgabe eines Narrenblatts in Angriff.
Dieses erste Narrenblatt nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von der Fa. Gatzer & Hahn in Schramberg in einer Auflage von 250 Stück gedruckt, zum Preis von 125 RM, 1/3 davon zahlbar in Naturalien. Der Verkaufspreis für das Narrenblättle wurde auf 50 Pfennig und ein Ei festgelegt; das Blättle fand reißenden Absatz. Die Eier wurden teilweise gegen Speck, Schweineschmalz und Schwarzwurst eingetauscht und Herrn Gatzer übergeben. Er war von dieser Währung so angetan, dass er der Narrenblattredaktion 20 RM für einen Umtrunk schenkte. Gleichzeitig wurden auch die Bedingungen für das Narrenblatt 1948 ausgehandelt.
Im Jahr 1948 erschien von der gleichen Redaktion wieder ein Narrenblättle; dieses wurde zum Preis von 50 Pfennig und zwei Eiern verkauft. In den folgenden Jahren erschien das Narrenblättle regelmäßig, im Jahr 1951 erhielt das Titelblatt ein moderneres Erscheinungsbild.
Herbe Rückschläge erlebte die Narrenblattredaktion ab dem Jahr 1958. Es gab plötzlich ein namenloses Konkurrenzblatt das heimlich bei Nacht ausgetragen wurde. Diese Druckwerke enthielten persönliche Beleidigungen und Angriffe auf Bürgermeister und Verwaltung. Zudem wurden anonyme Briefe verschickt, in welchen die Narrenblattredaktion diffamiert wurde. Daraufhin haben die Redakteure ihre Arbeit eingestellt.
Nachdem es in den folgenden Jahren immer noch nicht gelungen war, die Wiedergründung der Narrenzunft durchzuführen, hat die Freiwillige Feuerwehr 1964 wieder ein Narrenblatt herausgebracht.
Mit der Wiedergründung der Narrenzunft Waldmössingen im Jahr 1970 übernahm diese auch die Verantwortung für das Narrenblättle. Die Redaktion wurde aus Elferräten und aktiven Zunftmitgliedern gebildet.
Seit 1971 erscheint das Närrische Goarnede Blatt regelmäßig. Zu den Narrentreffen 1985 und 1995 erschien jeweils ein Jubiläumsnarrenblatt, ebenso zum 25-jährigen Bestehen der Hanselgilde und auch das Jubiläum 50 Jahre Narrenblatt wurde entsprechend gewürdigt.
Im Laufe der Jahre haben sich nicht nur das Gesicht und das Layout des Narrenblättles immer wieder verändert, sondern auch die Katze auf dem Titelbild variierte.
In den letzten Jahren entwickelte sich das Narrenblättle zum bebilderten, illustrierten Werk. Durch sich erhöhende Produktionskosten ist die Herausgabe des Narrenblatts ohne Spenden und Inserate nicht mehr möglich. Deshalb gilt der Dank den vielen Geschäftsleuten, die dem Närrischen Goarneden Blatt jedes Jahr unter die Arme greifen, ebenso den treuen und zahlreichen Abnehmern und Lesern des Blattes, und vor allem denen, die jedes Jahr unvorstellbare Sachen anstellen.
Der Sauwadelclub
Einen wesentlichen Anteil an der Geschichte der Waldmössinger Fasnet hat der Gesangverein Liederkranz. Durch sein alljährlich stattfindendes traditionelles Sauwadelessen am Schmotzigen Donnerstag und der daraus entstanden Begriffe wie Sauwadelklub und Sauwadelhausen hat der Gesangverein der Waldmössinger Fasnet eine besondere Prägung gegeben.
Die Gründung des Sauwadelklubs geht auf das Jahr 1932 zurück, ein feucht-fröhlicher Anlass am Fasnetsmontag, 8. Februar war der Auslöser. Das Chormitglied Alois Günter feierte in Sulgen die Heirat mit seiner Braut Ottilie Reuter. Die Hochzeit wurde in drei Lokalen gefeiert, in der Linde, in der Festung und in der Krone und die Waldmössinger Liederkränzler feierten mit. Groß war die Arbeitslosigkeit und knapp war das Geld in dieser Zeit. So gingen die Liederkränzler hungrig von der Hochzeit heim. Nein, sie gingen nicht heim, sondern sie kehrten noch im Kreuz in Waldmössingen ein. Geld hatten die Sänger keines mehr, aber Hunger. Carl Kimmich erinnerte sich an ein paar Sauwadel die er noch im Zuber liegen hatte, was aber für alle hungrigen Mägen nicht ausreichte. Wilhelm Kimmich und Alois Erath boten an, dass auch sie noch holen wollen, was an Kleinigkeiten von der Hausschlachtung daheim im Zuber liege. Johannes Notheis ging heim und brachte von seinem eingestampften Sauerkraut mit. Bald war genug beisammen, um alle satt zu machen. Das improvisierte Essen schmeckte ausgezeichnet und eine Tradition war geboren.
Das war die Geburtsstunde des Sauwadelessens und des Sauwadelklubs. Bereits im nächsten Jahr sollte dieses Essen für alle Sangesbrüder wiederholt werden. Da die Zeiten nicht besser waren, gingen am Vorabend des Schmotzigen Donnerstags 1933 Wilhelm Kimmich und Otto Jauch zu den Mitgliedern des Gesangvereins, um für das Sauwadelessen die Sauwadel zu sammeln. Aus der Not heraus entstanden, wurde daraus ein fester Brauch.
Auch gleich nach dem Krieg trafen sich die Sauwadelbrüder wieder zum Sauwadelessen am Schmotzigen Donnerstag. Der Sauwadelklub gehörte fortan untrennbar zur Waldmössinger Fasnet und er trug einen wesentlichen Teil zur Saalfasnet und zum Erhalt vom Fasnetsbrauchtum bei. In den 1950er-Jahren wurde abwechselnd im Kreuz und im Rössle gefeiert, zum Tanz spielte die Tanzkapelle des Musikvereins Waldmössingen. Zuerst das Sauwadelessen für die Vereinsmitglieder und danach das närrische Bühnenprogramm für die Öffentlichkeit, so wurde über Jahrzehnte hinweg gefeiert. Und in jedem Jahr zogen die Sauwadelbrüder in Gruppen durchs Dorf, um bei den Vereinsmitgliedern die urige Delikatesse abzuholen.
Im Jahr 1952, zum 20-jährigen Bestehen des Sauwadelklubs stiftete Robert Dieck einen selbst komponierten und getexteten Marsch, welcher als Das Sauwadellied bekannt werden sollte. Auch andere, von Robert Dieck verfasste Schunkel- und Stimmungslieder hatten einen festen Platz im Festprogramm des Sauwadelessens, doch das Sauwadellied wurde zum Schlager. Es ist heute, nach dem Narrenmarsch, das in der Waldmössinger Fasnet meist intonierte Fasnetslied.
Im Laufe der Jahrzehnte avancierte der Sauwadelklub zum festen Bestandteil der Waldmössinger Fasnet, im Narrenmarsch erinnern Begriffe wie Sauwadelhausen oder Wadl, Wadl, Schwänzle von der Sau daran. Die Liederkränzler nahmen aber auch andere Aufgaben in der Fasnetsorganisation wahr. Sie stellten Elferrat und Präsident und waren fixer Bestandteil des Fasnetsumzugs. Im Jahr 1966 begründeten die Sauwadelbrüder eine weitere Tradition, als sie erstmals im Sauwagen im Umzug mitfuhren. Fortan war das überdimensionale Schwein fester und nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Festzugs am Fasnetssonntag und die von den Sauwadelbrüdern verteilten warmen Sauwädel fanden viele Liebhaber am Straßenrand.
Als die Wiedergründung der Narrenzunft erfolgt war, gaben die Sauwadelbrüder Elferratsumhänge und Kappen an den Elferrat der Narrenzunft ab, traten danach im grünen Bauernkittel auf und trugen stilgerecht ihr Zepter in Form einer Sauwadelkappe auf dem Kopf.
Anfang des neuen Jahrtausends begann jedoch etwas, was bis dahin keiner für möglich gehalten hatte, die Tradition des Sauwadelessens bröckelte. Unter anderem bedingt durch den Mitgliederschwund im Gesangverein, konnte das Traditionsfest nicht mehr in der gewohnten Weise abgehalten werden. Auch durch gemeinsame Anstrengungen von Gesangverein und Narrenzunft ist es nicht gelungen, den Schmotzigen Donnerstag in seiner überlieferten Form zu feiern. Im Jahr 2005 fehlte dann auch der Sauwagen im Umzug und zwei Jahre später stellte der Gesangverein das aktive Singen ein. Im Jahr 2008 fand erstmals kein gemeinsames Sauwadelessen der Sauwadelbrüder statt.
Doch zeigt sich in den letzten Jahren, dass eine jahrzehntelange Tradition wieder aufblühen und fortleben kann. Elferrat und Gildeausschuss treffen sich seit ein paar Jahren nach der Übernahme des Rathausschlüssels am Schmotzigen Donnerstag abwechselnd im Kreuz und im Rössle zum gemeinsamen Sauwadelessen. Engagierte Narren kommen im Kreuz zusammen und essen Sauwadel und hier wie dort ertönt das Sauwadellied.
Es erscheint möglich, dass die Narrenzunft Waldmössingen das vergelten kann, was der Gesangverein Liederkranz in der zunftlosen Zeit geleistet hat. Es waren die Sauwadelbrüder, welche für die Bestandssicherung der örtlichen Fasnet sorgten, bis die Narrenzunft 1970 das Zepter übernahm. Jetzt hat die Narrenzunft die Chance, die über 75 Jahre alte Tradition des Sauwadelessens in eine neue Zeit zu führen. Und vielleicht singt man in Sauwadelhausen auch bald wieder aus vereinten Kehlen „das schönste Stück, das schönste Stück, das schönste Stück vom Schwein, das kann ja nur, das kann ja nur der Sauwadel sein“.
Mitgliedschaft im Narrenring Oberer Neckar
Im Jahr 1969 haben sich auf Initiative des Aistaiger Ehrenelferrates Alois Stauß (+) die Narren aus sechs Orten mit dem Ziel „Sitte und Brauchtum der Alten den Jungen erhalten und sich gegenseitig in diesen Belangen zu unterstützen“ zum Narrenring Oberer Neckar zusammengeschlossen. Die Narrenzunft Waldmössingen schickte Gildemeister Max Erath sowie Eugen Kimmich und Johannes Schneider in die Gründungsversammlung. Seit der Gründungsversammlung sind folgende Narrenzünfte Mitglied im Narrenring Oberer Neckar: Die Narrenzunft Aistaig 1924 e.V., die Narrenzunft Bochingen 1925 e.V., die Narrenzunft Boll 1957 e.V., die Narrenzunft Epfendorf 1927 e.V., die Narrenzunft Hochmössingen 1956 e.V. und die Narrenzunft Waldmössingen 1935 e.V.
Wichtige Aspekte der Fasnet in Waldmössingen
Hausfasnet in Waldmössingen
Früher wurde in allen umliegenden Orten die Hausfasnet abgehalten. Inzwischen dürfte Waldmössingen die einzige Gemeinde der Umgebung sein, in der die Hausfasnet noch in dieser überlieferten Form üblich ist. Die Hausfasnet in Waldmössingen wurde bereits im 19. Jahrhundert praktiziert und stellt die wohl älteste Brauchform der Waldmössinger Fasnet dar.
Am Fasnetsmontag treffen sich die Kleidlesträger traditionell im Kreuz und am Fasnetsdienstag im Rössle. Jeder Narr wird registriert und erhält seinen Sprungbändel. Der Gildemeister teilt die Gruppen ein und jeder Narrengruppe wird ein bestimmtes Straßengebiet zugeteilt, in dem die Hausbesuche stattfinden.
Vor der Aussendung werden die Narren stets auf die Einhaltung der Narrenordnung verwiesen und darüber belehrt, wie sich ein traditionsbewusster Narr zu verhalten hat. Dinge wie gutes Benehmen, aufzusagen, ohne jemanden zu erzürnen und dabei möglichst unerkannt zu bleiben, oder die Gastfreundschaft der Dorfbewohner nicht überzustrapazieren, sind selbstverständlich. Diese Regeln aber jedes Jahr erneut zu erwähnen, unterstreicht den Anspruch, stets eine goarnete Fasnet feiern zu wollen. Die Hausfasnet endet mit dem Betzeitläuten, wobei es Schantle und Jockele erlaubt ist, darüber hinaus aktiv zu sein. Deren Aktivität verlagert sich am Abend jedoch in die Gasthäuser im Dorf.
Der Waldmössinger Fasnetsmarkt
Mit Schreiben vom 5. Februar 1892 befürwortet die königlich-württembergische Regierung das Gesuch von Gemeinderat und Bürgerausschuss die seit 1871 genehmigten, aber wieder eingegangenen Märkte wieder abhalten zu dürfen. Seither dürfen in Waldmössingen an drei Tagen im Jahr Märkte durchgeführt werden. Eine Besonderheit war nicht selten der erste Markttag im Jahr. Dieser war festgelegt auf den ersten Montag im März und fiel zuweilen auf den Fasnetsmontag, sodass Markttag und Fasnetstreiben miteinander vermischt wurden. In frühen Jahren gab es einen närrischen Viehauftrieb, die jüngere Geschichte beschreibt einen Fasnetsmarkt, bei dem allerhand Lustiges zum Verkauf kommt.
Weitere Gruppen der Narrenzunft Waldmössingen (Angaben vom 13. März 2014)
Narrenvater und Narrenmutter
Narrenvater ist Erich Fus und Narrenmutter Agathe Langenbacher
Der Elferrat
Der Elferrat erledigt das Tagesgeschäft des Vereins und repräsentiert diesen. Im Elferrat ist auch der Vorstand des Vereins eingegliedert, der aus dem Zunftpräsidenten, dem Kritzelmeister und dem Säckelmeister besteht. Zunftmeister ist derzeit Manuel Häring, sein Stellvertreter ist Reiner Fus.
Die Hanselgilde
Die Hanselgilde kümmert sich, wie es der Name schon vermuten lässt, um die Kleidlesträger und deren Verwaltung. Die Hanselgilde hat natürlich noch weitere Aufgaben, wie die Organisation der Auswerfmaterialien für die Narren und das geordnete Auftreten der Narren in der Öffentlichkeit. Zwischenzeitlich ist die Hanselgilde so stark in die Organisation der Fasnet integriert, dass der Elferrat und die Hanselgilde ihre Ausschusssitzungen zusammen abhalten.
Die Balletts
Die Narrenzunft ist stolz über drei Ballettgruppen zu verfügen, die bei öffentlichen Auftritten regelmäßig dabei sind. Das Zunftballett, das Zwischenballett und das Jungballett tragen ihren Teil zu einem abgerundeten Bild bei Auftritten der Narrenzunft Waldmössingen bei.
Quellen
- Ulrich Jaud, Bernd Bantle, Sandra Kammerer: Chronikkalender der Narrenzunft Waldmössingen. Herausgeber Narrenzunft Waldmössingen 1935.